Stören im Unterricht, Streitereien, Verweigerung: Manche Kinder machen es den PädagogenInnen nicht leicht. Welche Handlungsspielräume gibt es, um die eigene Autorität wirkungsvoll zu entwickeln und zu nutzen?
Täglich stehen LehrerInnen vor der Herausforderung, ihren Mann/ ihre Frau zu stehen, sich durchzusetzen, die Kontrolle in der Klasse zu wahren, um fruchtbringenden Unterricht zu ermöglichen. Dazu stehen (auf den ersten Blick) nur wenige Möglichkeiten zur Verfügung. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel, althergebrachte pädagogische Maßnahmen greifen oft nicht mehr oder werden (häufig zu Recht) abgelehnt, jedoch in vielen Fällen ohne Alternativen aufzuzeigen. Welche Möglichkeiten gibt es, sich in der Klasse Gehör zu verschaffen, sich durchzusetzen und die eigene Autorität zu unterstreichen?
Themen:
1. Recht behalten oder gesichtswahrend nachgeben?
Fallbeispiel: Zwischen zwei Schülern eskaliert ein Streit, die Lehrerin kommt dazu, als gerade ein Schüler dem anderen einen kräftigen Schubs gibt. Der Geschubste bricht in Tränen aus, der Schubser schweigt finster. Die Lehrerin verlangt vom Schubser, sich beim Geschubsten zu entschuldigen, er verweigert zunächst, nach längerem Beharren seitens der Lehrerin kommt er der Aufforderung betont widerwillig und lustlos nach.
Am obigen Beispiel ist zu erkennen, wie schnell es geht, sich als Lehrperson in eine Patt-Stellung hinein zu manövrieren, die in einem „Machtspielchen“ gipfelt: Wer ist der Stärkere, wer gibt nach? Im Beispiel setzt sich die Lehrerin (auf den ersten Blick) durch, der Schüler beweist letztlich seine Macht, indem er der Forderung nur scheinbar nachkommt. Bei der Lehrerin verbleibt möglicherweise nach dem Vorfall das ungute Gefühl, nicht ernst genommen worden zu sein, ihre Autorität nicht genug unter Beweis gestellt zu haben.
Mögliche Handlungsspielräume:
2. Kontrolle ausüben und Kooperation einfordern (Belohnung und Strafe)
Auf den ersten Blick scheint es einfach: erwünschtes Verhalten belohnen (für schöne Hausübungen gibt es ein Pickerl, die schnellsten RechnerInnen dürfen schon ein Spiel spielen...), unerwünschtes Verhalten bestrafen (wer schwätzt muss in der Ecke stehen, wer trödelt darf in der Pause nicht in den Schulhof). Die Schwierigkeit dabei: diese sogenannte „Zuckerlpädagogik“ funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad. Kurzfristig wirksame Belohnung/ Bestrafung (Manipulation) führt in eine Spirale, die Strafen müssen immer drastischer werden um Wirkung zu zeigen, die Belohnungen immer umfangreicher, um die gewünschte Kooperation zu generieren.
Eine Beratungslehrerin beobachtet: Häufig führt das so weit, dass „schwierige“ Kinder für Verhalten gelobt werden, das von anderen vorausgesetzt wird („Eine halbe Stunde brav sein reicht für ein dickes Lob, danach geht’s wieder weiter wie gehabt“).
Mögliche Handlungsspielräume:
3. Konsequenzen einfordern und Grenzen setzen
Beispiel: Florian (9) stört wiederholt die Religionsstunde, sogar beim gemeinsamen Filmschauen kichert er und hält den Rest der Klasse vom konzentrierten Zusehen ab. Die Lehrerin droht ihm (nach mehreren Ermahnungen) an, dass er nächstes mal nicht mehr mitschauen darf. Bis zu diesem (einige Wochen entfernten) Zeitpunkt hat sie ihre Drohung vergessen und Florian darf doch wieder mitschauen.
Ein häufiges Bild: Ermahnungen fruchten nicht, es werden allerlei Konsequenzen angedroht, aber letztlich doch nicht eingefordert. Kinder brauchen deutliche, verständlich kommunizierte Regeln und zeitnahe, klar eingeforderte Grenzen.
Mögliche Handlungsspielräume:
Wenn Sie einen „Störenfried“ in der Klasse haben, suchen Sie sich eine der oben genannten Möglichkeiten aus, die Ihnen zusagt, und versuchen Sie es eine Zeitlang damit. Das Ziel ist nicht die Anpassung des Schülers/ der Schülerin, oder das Durchsetzen von Prinzipien, sondern die persönliche Entwicklung des Kindes, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Und dazu gibt es kein Patentrezept!
4. Persönliche Autorität
Die vorangegangenen Punkte bewegen sich rund um die Interaktion zwischen Lehrenden und SchülerInnen. Ein Thema jedoch betrifft den Lehrer/ die Lehrerin selbst, unabhängig von den jeweiligen Schulklassen: Die Entwicklung einer persönlichen Autorität, einer inneren Haltung.
Jesper Juul nennt das (in Bezug auf Eltern): „Leitwölfe sein“, Haim Omer spricht von „Autorität durch Beziehung“, Thomas Gordon kritisiert „Autorität durch Machtausübung (Belohnung / Bestrafung)“. Allen dreien ist gemeinsam, dass sie sich auf einen Autoritätsbegriff beziehen, der auf Persönlichkeit und Haltung beruht.
Stellen Sie sich folgende Fragen: