– Fragen an mich selbst
Gegen Schulstress, Schul-Unlust und Berufsverdrossenheit hilft vor allem das eigene Befinden genau zu betrachten:
Den ehrlich wahrgenommenen “Ist-Zustand” kann ich in Beziehung setzen zu meinen Lebenswünschen:
Die folgenden Fragen sollen zur Selbstwahrnehmung und geistigen Auseinandersetzung anregen, auch zum Gespräch mit Partnerin oder Partner, mit Freund:innen, Kolleg:innen und mit Schüler:innen.
1. Bin ich ein:e Lehrer:in, wie ich es mir als Schüler:in gewünscht hätte?
Was ich in meiner Schulzeit als Schüler:in erlebt habe, wirkt heute in mein Handeln als Lehrer:in hinein. Bewusst oder unbewusst wird mein Lehrverhalten auch durch die eigenen Schulerfahrungen mitbestimmt. Deshalb ist es hilfreich, mit der Kraft der Erinnerung immer wieder die persönliche Schul-Kindheit lebendig werden zu lassen, um mir selbst-korrigierende Erfahrungen zu ermöglichen.
Stelle ich mir ab und zu die Frage:
- Wenn ich heute Schüler:in wäre, wünschte ich mir eine:n Lehrer:in wie mich?
- Welche Lehrer:innenpersönlichkeit war für mich ein Vorbild, und inwieweit nähere ich mich diesem Vorbild?
- Welche Wunschbilder hatte ich für mein Lehrer:innen-Sein, und welche erfülle ich mir?
- Was für ein Lehrerverhalten wollte ich auf keinen Fall übernehmen – und entdecke vielleicht doch Züge davon an mir?
- 12 bzw. 13 Jahre Schulzeit können den Charakter bilden und verbilden. Wie sehe ich das im Hinblick auf meine Person?
- Gestalte ich durch Reflexion und Selbstreflexion mein persönliches Lehrer:innenbild?
- Gibt es Lehrer:innen-Verhaltensweisen, die ich als Schüler:in abgelehnt oder gefürchtet habe – und jetzt praktiziere ich sie selbst?
- Was hindert mich daran, meinem Lehrer:innen-Ideal zu folgen?
2. Die Frage riskieren: Gehe ich als Lehrer:in gern zur Schule?
Freude am Unterrichten ist so bedeutsam wie die Lernfreude der Schüler:innen; beide beeinflussen sich. Wenn ich meine persönliche Unterrichtsmotivation wahrnehme, kann ich meine Einstellung und mein Handeln verändern.
- Welche Erwartungen und Gefühle habe ich auf dem Schulweg?
- Freue ich mich auf die Kinder und Jugendlichen?
- Unterrichte ich gern?
- Befällt mich manchmal Überdruss?
- Wird es mir oft “zu viel” und ich fühle mich erschöpft?
- Auf welches Fach bereite ich mich mit Freude vor und auf welches nur widerwillig?
- Fühle ich mich im Klassenzimmer wohl - es ist das “Wohn”-Zimmer für viele Stunden meines Lebens?
- Was kann ich tun, damit mir das Unterrichten Freude macht?
3. Interessiere ich mich für die Kinder und Jugendlichen? Interessieren die sich für mich?
Die pädagogische Beziehung ist grundlegend für den Unterricht; sie ist eine helfende Beziehung. Schüler:innen, die das Interesse der Lehrer:innen an ihrer Person spüren, können erfolgreicher lernen. Lehrer:innen fühlen sich durch einen guten Kontakt zu den SchülerInnen sicherer.
- Auf welche Schüler:innen gehe ich zu und vor welchen fürchte ich mich?
- Bei welchen spüre ich Sympathie oder Antipathie?
- Wie nehme ich mit den “Unsympathischen” Kontakt auf, um meine Abneigung zu verringern und Schwierigkeiten mit ihnen zu mildern?
- Wie knüpfe ich in der Vorviertelstunde, zu Beginn des Unterrichts und während der Stunden Kontakte?
- Kann ich die Schüler:innen anerkennen und akzeptieren - oder tadle und strafe ich viel?
- Welche Nähe zu Schüler:innen wünsche ich mir - und welche Distanz brauche ich?
- Wie grenze ich mich als Person ab - ohne meine Ich-Identität aufzugeben und nur noch in der Berufs-Rolle zu “funktionieren”?
- Was bedeuten für mich die besonderen Lebensbedingungen der Schüler:innen, ihr Umfeld, ihre Familienkonflikte, ihre Ansprüche...?
- Ist meine Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung mehr sach-bestimmt oder auch persönlich?
4. Interessiert mich der Lernstoff, den ich „durchnehme“? Wie mache ich ihn für mich interessant?
Ich kann nur interessant lehren, was ich interessiert lerne; Schüler:innen kann ich nur begeistern, wenn ich selbst begeistert bin. Eigenes Lernen ist ein fortdauernder Prozess. Wenn in diesem Lernprozess nichts in mir vorgeht, kann auch nichts von mir ausgehen.
- Wie wird der Unterrichtsstoff für mich interessant?
- Was mache ich, wenn mir der Stoff „zum Halse heraus hängt“?
- Wie gewinne ich Lerngegenständen, die ich mehrmals “behandelt” habe, neues Interesse ab?
- Was hilft mir, nicht in öde “Stoffvermittlung” zu verfallen, sondern lebendige Inhalte vorzuziehen?
- Kann ich vielleicht Altersstufen und Unterrichtsfächer wechseln?
- Denke ich zu ausschließlich an Leistungsnachweise, Punkte und Noten, so dass das Interesse der Schüler:innen Nebensache wird?
- Wie kann ich unbefriedigende Unterrichtsroutine unterbrechen und meine Lebendigkeit ins Spiel bringen?
- Was regt mich dazu an, mich neu zu interessieren, damit ich die Schüler:innen mit meinem Interesse anstecke?
5. Bin ich mit meinem Unterricht zufrieden? Was wünsche ich mir anders?
Unterrichten ist die Hauptaufgabe von Lehrer:innen. Da Kinder lernen wollen, treffen sich hier die Lernmotive der Schüler:innen mit den Unterrichtsmotiven der Lehrer:innen. Lehrer:innen sollten “Meister der Unterrichtsmethode” sein, die den Schüler:innen – ALLEN Schüler:innen – Lernerfolg ermöglichen.
- Bereite ich mich so vor, dass ich ruhig in den Unterricht gehe?
- Können die Kinder und Jugendlichen viel selbst tun?
- Gehe ich sparsam mit Lehrer:innenworten um und gebe stattdessen den Schüler:innen Gelegenheit, denkend, lesend, schreibend, sprechend, diskutierend, ausprobierend aktiv zu sein?
- Lasse ich in jeder Stunde mindestens einmal in Partnergruppen überlegen und arbeiten?
- Gibt es in meinem Unterricht mehr Schüler:innenfragen als Lehrer:innenfragen?
- Habe ich den Eindruck, bei mir lernen die Kinder etwas, statt dass nur „der Stoff durchgenommen“ wird?
- Lasse ich mich durch Schüler:innenkritik anregen, die Unterrichtsmethode zu verbessern?
- Wie wahre ich Disziplin, damit alle Schüler:innen gut lernen können und ich gut unterrichten kann?
- Wie bewahre ich mir meine pädagogischen Ideale - oder wie gewinne ich sie wieder zurück?
6. Mache ich immer wieder bewusst einen neuen Anfang? Neue Motivation durch Neubeginn?
Die Eintönigkeit des “Immer-weiter” kann die Freude an der Schularbeit ersticken. Deshalb ist es hilfreich, immer wieder neu anzufangen. Die Kraft des Beginnens schafft eine hoffnungsvoll beschwingte Stimmung: Eine neue Unterrichtsstunde, ein neuer Morgen, eine neue Schulwoche, ein neues Fach, ein neues Thema, eine neue Klasse...
- Denke ich daran, dass es jeden Tag nur einmal gibt? Es ist ein Lebenstag von mir.
- Wie sehen für mich neue Anfänge aus?
- Wie kann ich zusammen mit den Schüler:innen neu beginnen?
- Wie geht es mir mit meinen wenigen oder vielen Dienstjahren - und denen, die ich noch vor mir habe?
- Kann ich als älterer Lehrer oder ältere Lehrerin meine Kompetenz nützen, Neues zu beginnen – unter dem Motto: Wann, wenn nicht jetzt?
7. Kann ich in der Schule mein persönliches Selbstbild und meine Lehrer-Identität bewahren?
Die Echtheit der Person, ihre Identität, verleiht Kraft zu pädagogischem Handeln. Der Respekt der Schüler:innen gegenüber Lehrer:innen beruht auf deren menschlichen und intellektuellen Qualitäten. Lehrerautorität drückt sich darin aus, dass Lehrer:innen ihre Fächer überzeugend vertreten, lebendig unterrichten, dass sie beziehungsfähig, moralisches Vorbild und als Personen glaubwürdig sind.
- Was ist mein Selbstbild als Lehrerin oder Lehrer?
- Was gilt für mich als Ich-Ideal?
- Wie kann ich Selbstbild und Ich-Ideal einander annähern?
- Ist meine Beziehung zu den Schüler:innen so, wie ich sie haben möchte - wie schaffe ich befriedigende Kontakte?
- Unterrichte ich so, wie Unterricht nach meinem pädagogischen Selbstverständnis aussieht? Oder passe ich mich Sachzwängen an, die mir widerstreben und gerate dadurch in Identitätskonflikte?
- Muss ich womöglich mein Fach als besonders wichtig hinstellen, weil ich mich nicht ernst genommen fühle?
- Lasse ich mich mit meiner Einstellung und Arbeit von Schüler:innen und Kolleg:innen erkennen?
- Fühle ich mich in der Schule als „ganze Person“ – oder nur als „Lehrkraft“.
8. Neige ich dazu, auf Vorgesetzte und Gesetze mehr zu hören als auf die pädagogische Vernunft?
Gehorsamsbereitschaft ist ein Hindernis auf dem Weg zu einer pädagogischen Schule. Ohne sozialen Ungehorsam gibt es keinen Fortschritt – auch keinen pädagogischen.
- Vergesse ich, was meine pädagogischen Vorstellungen sind?
- Enge ich mich wegen Autoritätsängsten mehr ein, als notwendig wäre?
- Was sind meine humanen Wertvorstellungen für den Umgang mit Schüler:innen?
- Habe ich mein Gewissen womöglich verstaatlichen lassen?
- Bin ich so im Sollen verhaftet, dass ich mein “Wollen” nicht mehr spüre?
- Lasse ich mich durch Lehrplanvorschriften und Verordnungen überrollen?
- Mache ich mich womöglich - ohne es wahrzunehmen - zum Opfer bürokratischen Denkens?
- Wie gelange ich zu wert-erfülltem pädagogischen Handeln – trotz unpädagogischer Vorschriften?
9. Denke ich zu sehr an die Kinder – und vergesse dabei mich selbst? Lasse ich mich erkennen?
Engagierte Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich leicht ausgelaugt, wenn sie eine einseitige Vorstellung von Selbstlosigkeit haben. Sie verleugnen eigene Bedürfnisse und opfern zu viel von ihrem Selbst. Dadurch geraten sie leicht in eine versteckte Vorwurfshaltung den Schüler:innen gegenüber. Nur wenn ich um mich selbst besorgt bin, kann ich auch um andere besorgt sein.
- Wie kann ich mich mit meinen Bedürfnissen von Kindern begreifen lassen?
- Was möchte ich selbst bekommen - statt nur zu geben, aufmerksam, verständnisvoll und einfühlsam zu sein?
- Welche meiner persönlichen Wünsche im Unterricht müssen auch die Schüler:innen erfahren?
- Wie kann ich mich als Person begreifen lassen – ohne meine ganz persönlichen Wünsche in die pädagogische Beziehung hinein zu tragen?
10. Spüre ich berufliche Resignation – oder habe ich mich womöglich an die Resignation gewöhnt?
Es ist nützlich, Resignationspunkte aufzudecken; denn hinter jeder Resignation verbirgt sich verloren gegangene Lebendigkeit. An deren Stelle tritt Erstarrung, die unempfindlich gegen sich selbst und gegen andere macht. Es gilt, die in der Resignation aufgegebenen Wünsche erlebbar zu machen. Dazu muss ich mich mit den Ängsten und Widerständen auseinandersetzen, die meinen Lebenswünschen im Hinblick auf die Arbeit in der Schule entgegenstehen.
- Wo merke ich bei mir Berufs-Unzufriedenheit?
- Resigniere ich womöglich, weil ich in den Kategorien “Alles oder nichts” denke, anstatt mich auf das zu besinnen, was ich jetzt verändern kann?
- Welche Ängste hindern mich daran, etwas zu verändern?
- Resigniere ich, weil ich im schulischen Umfeld so viele Widerstände spüre, die meiner Eigen-Bewegung entgegenstehen?
- Merke ich, wie an den Resignationspunkten meine persönliche Eigen-Bewegung verloren geht?
11. Lasse ich mich mit meinen Lebenswünschen auf Veränderungsprozesse in der Schule ein?
Die berufliche Arbeit ist ein wesentlicher Teil des Lebens. Lebenswünsche sind ein Antrieb, mehr zu riskieren. Lehrer:innen können aus ihren persönlichen und beruflichen Wünschen Kraft für das Unterrichten beziehen, wenn sie ihre Wünsche nicht aufgeben.
- Mache ich mir Gedanken darüber, wie ich mir den Berufsalltag wünsche oder ursprünglich wünschte?
- Denke ich darüber nach, wie ich mein Lehrer-Leben und meine Arbeit sinnvoll gestalten möchte?
- Welche Lebenswünsche habe ich unmerklich aufgegeben?
- Welche könnte ich neu entdecken?
- Wie können meine Wünsche im Arbeitsfeld „Schule“ in einem “anderen” pädagogischen Handeln fruchtbar werden?
12. Kann ich nur “tun” und “machen”, oder auch „innehalten“ und “sein”?
Der gesellschaftlichen Realität entsprechend neigen wir dazu, immer etwas zu tun, dieses und jenes zu machen. Und über all dem Tun und Machen vergessen wir, zu sein. Wir überbewerten die Tätigkeit und verlieren dadurch leicht den Blick auf das menschliche Maß.
- Kenne ich ein ständiges Machen- und Tun-Müssen?
- Halte ich zuweilen inne und besinne mich auf das, was ich tu?
- Trete ich heraus aus dem ewigen “Voran” und betrachte, was geschieht, was ich mit mir und anderen “mache”?
- Gerate ich zu oft in schulische Hektik, die mich und die Schüler:innen unruhig macht?
13. Nehme ich mir Zeit für Rückblicke und bewusstes Enden, Zeit für Langsamkeit?
Wir brauchen das Gefühl: ,,Das ist abgeschlossen – zum Guten oder weniger Guten.” Bewusstes Enden gibt Raum für Neues. Achtsamkeit gegenüber den Schülern und mir selbst braucht Zeit. Die „Entdeckung der Langsamkeit“ sollte Unterrichtsprinzip sein; denn Lernen ist ein Wachstumsprozess und Wachsen vollzieht sich langsam.
- Lasse ich die Unterrichtsstunde, den Schulvormittag, den heutigen Tag, die Schulwoche bloß “auslaufen” oder mache ich etwas “ganz” - im Sinne des Vollendens?
- Blicke ich auf Getanes zurück, um es zu prüfen, statt nur das “äußere Passiertsein” als erledigt anzusehen?
- Halte ich gemeinsam mit den Schüler:innen Rückschau - nach einer Unterrichtsstunde, einem Schultag, einem Unterrichtsprojekt, einer Woche, einer Leistungsprüfung?
- Könnte ich mehr auf „nachhaltiges“ Lernen achten, als darauf, den „vorgeschriebenen Stoff durchzunehmen“?
- Wie kann ich Langsamkeit entdecken, auch um die langsamen Kinder nicht ständig wegen ihrer persönlichen Eigenart zu benachteiligen?
14. Gönne ich mir hinreichend Muße, die für mein Leben sinnvoll ist?
Arbeitsunterbrechungen sind notwendig für das seelisch-geistige Wohlbefinden. Muße soll für den Menschen sinnvoll sein. Aber nicht jede Aktivität ist sinnvoll und nicht jede Passivität ist sinnlos. Jede Person sollte bewusst seinen Weg finden, sich zu erholen und sich Freude zu machen.
- Nehme ich mir freie Zeit und innere Ruhe, um etwas zu tun, was meine eigenen Interessen sind?
- Darf ich Zeit “verlieren”?
- Mache ich mir ruhige Stunden?
- Oder unterwerfe ich mich organisierter Freizeitindustrie, die womöglich anstrengender ist als Arbeit?
- Kann ich mich gut “unterhalten”?
- Oder lasse ich mich passiv unterhalten - zum Beispiel durch viel Fernsehen und vergeude dadurch Lebensenergie?
- Kann ich einmal nichts tun, sondern “nur” sein?
- Gebe ich meiner freien Zeit eine persönliche Gestalt?
15. Suche ich die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen – persönlich und in Gruppen?
Eine freundliche und kooperative Beziehung im Kollegium trägt zur Berufszufriedenheit bei. Gleichgesinnte zu finden und mit ihnen zusammen zu arbeiten, bereichert die persönlichen Beziehungen und erleichtert die Schularbeit.
- Wie kann ich mit dem Kollegium gut auskommen und zusammenarbeiten?
- Spreche ich über Berufsprobleme mit Kolleg:innen und Freund:innen?
- Kann ich dabei offen sein - oder muss ich mich verstecken?
- Besteht die Gemeinsamkeit womöglich nur im “Klagen über...” und nicht im Überlegen, wie es uns geht und was wir verändern wollen?
- Zu klagen im Sinne von “Sich-das Herz-ausschütten” ist wichtig. Aber wie können wir von der “Klagemauer” zum konstruktiven Sprechen über Veränderungen und deren Verwirklichung kommen?
- Besuchen wir uns gegenseitig im Unterricht - um uns anzuregen und unsere Selbstwahrnehmung zu fördern?
- Regen wir Lehrer-Konferenzen an, in denen das Kollegium im Kreis sitzt und miteinander über gemeinsame pädagogische Probleme spricht?
16. Erlebe ich durch die Schule Freude – und mache ich selbst anderen Freude?
Freude verbessert das Lebensgefühl. Im Gefühl der Freude erleben wir uns solidarisch mit anderen Menschen. Sich selbst und den Schüler:innen Freude zu machen ist doppelte Freude. Schule muss nicht „Spaß machen“. Zu den Freuden für Schüler:innen gehört das Wachstumserlebnis: „Das kann ich jetzt“ und für die Lehrpersonen: „Das haben wir gemeinsam erreicht.“
- Freut mich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen?
- Erwächst mir aus meinem Schulalltag persönliche Freude?
- Welche Freuden kann ich mir und anderen machen?
- Schaffe ich mir zusammen mit den Schülerinnen und Schülern “Oasen der Freude”?
- Erlebe ich Freude durch meine schulischen Leistungen und Fähigkeiten als Lehrerin oder Lehrer?
- Kann ich mich daran erfreuen, wie die Kinder wachsen, im Lernen fortschreiten und wie sie etwas “werden” und eine einmalige Person sind?
- Erlebe ich Freude an der Natur, an Kultur und Schönheit?
17. Kenne ich Lehrerangst – muss ich sie verleugnen oder kann ich sie konstruktiv machen?
Lehrerangst ist weit verbreitet, aber wird wenig diskutiert. Auch bei Lehrerinnen und Lehrern macht übermäßige Angst dumm, unkonzentriert und gehorsamsbereit. Dabei könnte Angst zur Kraft werden, die Schulsituation zu verändern.
- Habe ich Angst vor der Klasse, vor bestimmten Klassen?
- Ängstigen mich einzelne Schüler:innen, suche ich zu denen Kontakt?
- Fürchte ich mich vor Kolleg:innen, Schulleiter:in und Schulrat?
- Bin ich mit anderen im Gespräch über meine Ängste, oder meine ich, das könnte mich für den Lehrberuf als ungeeignet erscheinen lassen?
- Fürchte ich mich vor Elterngesprächen, Elternabenden, Lehrerkonferenzen?
- Wie kann ich meine Ängste zum Ausgangspunkt genauer Wahrnehmung und der Suche nach Hilfe nehmen?
- Wie versuche ich mit ängstigenden Unterrichtsstörungen fertig zu werden?
18. Frage ich zu sehr nach “Richtig” oder “Falsch”, statt nach dem, was wirklich „ist“?
Die tief in der Lehrerrolle verankerte Frage nach “richtig” und “falsch”, “gut” oder “schlecht” verhindert kreatives Denken. Wichtiger ist für den Lernprozess das Prinzip Fehlerfreundlichkeit – für Schüler:innen und Lehrer:innen: Aus Fehlern gemeinsam lernen, statt sich selbst und Schüler:innen damit zu verurteilen.
- Wer bin ich und wie möchte ich sein?
- Wer ist das einzelne Kind?
- Wie ist die Situation und wie kann ich sie verändern?
- Wo sind in den schulischen Kontakten störende Machtbeziehungen, wie kann ich sie auflösen?
- Wie lerne ich, mich selbst und andere wahrzunehmen, ohne gleich zu beurteilen - und zu verurteilen?
- Neige ich dazu, vorschnell nach dem Sollens-Zustand zu sehen, statt nach dem Ist-Zustand?
19. Nehme ich neue Anregungen auf – durch Fortbildung, Literatur und Gespräch?
Fachliche Fähigkeiten steigern die Arbeitsfreude und verbessern das Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns nicht ohnmächtig den Situationen ausgeliefert, sondern bekommen Sicherheit, die Ereignisse im Schulalltag beeinflussen zu können. Pädagogische Fachkompetenz erspart machtbehauptendes Verhalten.
- Lasse ich mich durch das Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen anregen?
- Wann habe ich zuletzt ein interessantes pädagogisches Buch gelesen?
- Lese ich regelmäßig eine pädagogische Zeitschrift?
- Lasse ich mich durch psychologische Fortbildungsveranstaltungen anregen, aus eingefahrenen Geleisen herauszutreten?
- Gebe ich selbst Anregungen an Kolleginnen und Kollegen weiter?
- Bringe ich mich durch den theorie-feindlichen Satz “Die Praxis sieht ganz anders aus” um die Erfahrung, wie hilfreich eine gute Theorie für eine gute Praxis ist?
20. Bin ich nur Lehrer:in und Be-Lehrer:in – oder auch Lerner:in? Was lerne ich neu?
Ein Mensch, der gern lernt, hat es leichter, ein guter Lehrer oder eine gute Lehrerin zu sein. Er erlebt an sich selbst das Bewegende von Lernprozessen. Lehrerinnen und Lehrer sollten sich immer wieder auf Prozesse des „etwas Neues Lernen“ einlassen. Das bereichert sie nicht nur persönlich, sondern erleichtert es, sich in das Lernen der Kinder hineinzudenken.
- Begreife ich mich als Lernenden?
- Lerne ich immer wieder bewusst etwas Neues - in Beruf und freier Zeit?
- Nehme ich an Kursen und Fortbildungen teil, in denen ich Lernender bin?
- Kann ich mir bekannten Lehrplanthemen eine neue Seite abgewinnen, sodass ich vom Lernstoff erneut berührt bin?
- Versuche ich neue Methoden des Unterrichts?
- Entdecke und forsche ich gern?
- Wo erlebe ich, um wie viel erfolgreicher man lernt, wenn man das Lernen des Lernens einübt?
- Was kann ich von Schüler:innen lernen?
21. Lasse ich mich auf Lernprozesse und pädagogische Selbsterfahrung in Gruppen ein?
Die Arbeit in Gruppen gibt Rückhalt und Anregung. Die Gruppe ist ein Weg, sich selbst und andere besser zu verstehen und einander zu helfen. Weil Lehrer-Sein ein helfender Beruf ist, sollten Team-Arbeit, pädagogische Konferenzen und Supervision zum Selbstverständnis des Lehrerberufs gehören.
- Gehöre ich einer Arbeitsgruppe mit Kolleginnen und Kollegen an?
- Oder einer Selbsthilfegruppe, in der wir gemeinsam Schulprobleme durcharbeiten?
- Könnte ich eine solche Gruppe gründen?
- Kann ich mir vorstellen, an einer Konflikt-Gesprächsgruppe für Lehrerinnen und Lehrer teilzunehmen, mit einem hierfür geschulten Gruppenleiter?
- Oder an einer Supervisions-Gruppe?
- Oder an einer Selbsterfahrungsgruppe?
- Führen wir an unserer Schule pädagogische Konferenzen durch?
22. Verbinde ich praktische Erfahrungen mit pädagogisch-psychologischer Reflexion?
Erfahrungen machen und diese reflektieren ist eine grundlegende Haltung, die Lehrerinnen und Lehrern hilft, sich weiter zu entwickeln. Wer sein eigenes Konzept verwirklichen möchte, muss das, was er erfahren hat, mit dem Nachdenken über die gemachten Erfahrungen verknüpfen.
- Nehme ich mir Zeit zur Nachbesinnung über meinen Unterricht?
- Beziehe ich in diese Besinnung auch die Schüler:innen ein?
- Entwerfe ich ein anderes Bild von der Schule?
- Befasse ich mich mit pädagogischen Ideen und übertrage diese auf meine Praxis?
- Denke ich darüber nach, ob meine Schularbeit den Kindern entspricht und meinem Lehrer-Ideal? – Befrage ich dazu auch die Schülerinnen und Schüler?
23. Sorge ich für meine geistig-seelische und körperliche Gesundheit? Was ist mein „gutes Leben“?
Zu den Persönlichkeitsmerkmalen, die psychisch und körperlich gesund erhalten, gehören vor allem diese: die sichere Beziehung zu Mitmenschen, Selbstvertrauen und Mut, heitere Grundstimmung, aktive und selbstbestimmte Lebensgestaltung, positives Selbstwertgefühl, Spontaneität und Eigen-Bewegung, Zuversicht und Hoffnung.
- Habe ich das Gefühl, die Ereignisse meines Lebens gestalten zu können?
- Bin ich mit meinen Kontakten zufrieden und fühle ich mich in meiner Umgebung – auch der Schule – „gut aufgehoben“?
- Merke ich, wenn mir der Körper „Zeichen“ gibt?
- Achte ich auf Symptome in dem Sinn, dass sie möglicherweise körperlicher Ausdruck seelischen Befindens sind?
- Was kann ich tun, damit mein Lehrer-Sein nicht zum routinierten Job wird?
24. Welche Werte geben mir für mein pädagogisches Handeln Halt – Wie festige ich diese Werte?
Die Frage nach dem “gelingenden Leben” in der Schularbeit konfrontiert uns mit ethischen Grundwerten: der Nicht-Gleichgültigkeit, dem Sich-Sorgen um den Nächsten, dem Mitleid. Unterrichten ist eine „helfende Beziehung“, Lehrer-Sein ein helfender Beruf. Lehrerinnen und Lehrer sollten nicht nur „Wissensvermittler“ sondern vor allem „Lernhelfer“ sein.
- Welche humanen Wertvorstellungen, Vorbilder oder religiösen Bindungen “halten” mich?
- Was mache ich zum Sinngebenden meines Lehrer-Lebens?
- Wie sieht für mich ein “gutes Leben” aus?
- Setze ich mich mit den Werten, die mich leiten, immer wieder auseinander - durch Lesen, Betrachten, Selbstreflexion, Gespräch...?
- Richte ich meine Aufmerksamkeit auf Wesentliches?
- Übernehme ich Verantwortung für den Anderen?
- Lasse ich Mitleid zu und verwandle es in Hilfsbereitschaft?
25. Motivieren mich Veränderungswünsche, mit Zivilcourage politisch mitzugestalten?
Der Wunsch, etwas zu verbessern, stößt oft auf Grenzen durch vorgegebene amtliche Lernbedingungen. Diese sind nur durch demokratische Mitwirkung zu überwinden und nach pädagogischen Kriterien zu gestalten.
- Mische ich mich ein, zum Beispiel in Lehrer:innenkonferenzen - oder lasse ich diese nur über mich ergehen?
- Führen meine persönlichen Auseinandersetzungen um ein “gutes Leben” zu öffentlichem Engagement in Bürgerinitiativen, im Berufsverband, in Partei, Kollegium, Bekanntschaft, am Arbeitsplatz?
- Trete ich dafür ein, dass auch unsere Kinder noch eine Zukunft haben?
- Engagiere ich mich politisch?
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